Der 1813 erschienene Gesellschaftsroman »Stolz und Vorurteil« (Originaltitel: »Pride and Prejudice«) von Jane Austen (1775–1817) gehört zu den berühmtesten Werken der englischen Literatur. Er spielt zu Beginn des 19. Jahrhunderts in der ländlichen Umgebung Londons. Die erzählte Zeit umfasst ein Jahr und dauert vom Herbst bis zum Herbst des Folgejahres.
Erzählt wird die Liebesgeschichte von Elizabeth Bennet und Fitzwilliam Darcy. Beide überwinden äußere und vor allem innere Widerstände, nämlich Stolz und Vorurteile, um zueinanderzufinden. In dem Klassiker der Weltliteratur beschreibt Austen nicht nur die persönliche Entwicklung der Liebenden. Der Roman ist auch eine Schilderung des englischen Landadels um 1800. Seine gesellschaftlichen Rituale und Regeln werden mit teils liebevoller, teils beißender Ironie dargestellt.
Die Familie Bennet
Mr. und Mrs. Bennet leben mit ihren fünf heiratsfähigen Töchtern auf dem Landsitz Longbourn nahe London. Ihre finanziellen Verhältnisse sind bescheiden. Nach geltendem Erbrecht wird zudem ihr Besitz nach Mr. Bennetts Tod auf Reverend Collins, einen Neffen Bennets, übergehen. Darum will Mrs. Bennet ihre Töchter Jane, Elizabeth, Mary, Catherine und Lydia gut verheiraten.
Ein berühmter Romananfang
Jane Austens feiner Humor zeigt sich gleich zu Anfang in dem genialen ersten Satz: »In der ganzen Welt gilt es als ausgemachte Wahrheit, daß ein begüterter Junggeselle unbedingt nach einer Frau Ausschau halten muß.« Der Leser könnte mit Recht annehmen, dass sich hier ein Mann auf die Suche nach einer Ehefrau begibt. Der Inhalt des Buches straft die Ausgangsthese Lügen: Im Hause Bennett dreht sich alles darum, gleich fünf ledige Töchter unter die Haube zu bringen. Dies ist die erklärte »Lebensbeschäftigung« von Mrs. Bennet. Aufgrund ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse hat sie zudem den dringenden Wunsch, möglichst vermögende Schwiegersöhne zu bekommen. Kleinadel und reicher Großadel begegnen sich jedoch gegenseitig mit Stolz und Vorurteilen; und erst die Liebe vermag diese zu überwinden.
Als der wohlhabende und ledige Mr. Bingley mit einigen Angehörigen und seinem Freund Mr. Darcy auf das Nachbaranwesen Netherfield Park zieht, hofft sie, er werde sich für eine ihrer Töchter interessieren.
Beziehungen zwischen Longbourn und Netherfield
Durch gegenseitige Besuche machen sich die Familien miteinander bekannt. Tatsächlich verlieben sich Bingley und die älteste Bennet-Tochter Jane ineinander.
Anders als der höfliche, gewinnende Bingley tritt sein reicher Freund Darcy schroff und unnahbar auf. Elizabeth hört auf einem Ball, wie er herablassend über sie spricht. Tief gekränkt, begegnet sie ihm von nun an ausschließlich mit kühler Ironie.
Jane erkrankt bei einem Besuch auf Netherfield. Elizabeth betreut sie und verbringt die Abende mit Bingley und seinem Anhang. Dabei lernt sie ihn als warmherzigen Menschen kennen, der sich aufrichtig für ihre Schwester interessiert. Die anderen behandeln sie kühl. Vor allem Bingleys verwöhnte Schwester Caroline lässt sie ihre gesellschaftliche Unterlegenheit spüren. Elizabeth bemerkt nicht, dass Darcy zunehmend fasziniert von ihrem unbestechlichen Auftreten ist.
Reverend Collins und seine Heiratspläne
Nach Janes Heimkehr besucht der gespreizte Reverend Collins, Alleinerbe von Longbourn, die Bennets. Er schwärmt von seiner Dienstherrin Lady Catherine de Bourgh, die ihm seine Pfarrstelle verschafft und ihm zur Heirat geraten hat. Kurz darauf macht er Elizabeth einen Antrag, den sie zum Ärger ihrer Mutter ablehnt. Nur drei Tage später bittet er Elizabeths Freundin Charlotte Lucas um ihre Hand. Charlotte nimmt den Antrag aus Vernunftgründen an.
Erbrecht in England um 1800
»Es handelt sich bei Mr. Bennets Besitz um einen ›entail‹: Er darf vom jeweiligen Besitzer nicht nach Belieben veräußert oder vererbt werden, sondern muss nach den individuell festgelegten Bedingungen weitergegeben werden. Longbourn kann nur in männlicher Linie vererbt werden. Da Mr. Bennet keine Söhne hat, gehen die Rechte auf den nächsten männlichen Verwandten, seinen Neffen, über, der nach der Mode der Zeit als ›cousin‹ angeredet wird.«
Zitiert aus: Austen, Jane. Stolz und Vorurteil. Reclam 2016 [zuerst 1981], S. 444.
Soldaten in Meryton
In der Kleinstadt Meryton wird ein Milizregiment stationiert. Um Offiziere kennenzulernen, besuchen die jüngsten Bennet-Töchter Catherine und Lydia häufig ihre Tante Mrs. Philips in Meryton. Elizabeth und Jane sorgen sich um die Entwicklung ihrer eitlen und oberflächlichen jüngeren Schwestern.
Lieutenant Wickham
Elizabeth lernt in Meryton den einnehmenden Lieutenant Wickham kennen. Er erzählt ihr, dass er mit Darcy zusammen aufgewachsen sei. Darcys Vater, sein Pate, habe ihm testamentarisch eine Pfarrstelle zugesichert. Nach seinem Tod habe ihm Darcy jedoch das Erbe verweigert. Nur darum sei er Soldat geworden. Elizabeth ist entsetzt und sieht sich in ihrem negativen Urteil über Darcy bestätigt. Sie erfährt zudem, dass Collins‘ Brotgeberin Lady Catherine de Bourgh Darcys Tante ist.
Zum nächsten Ball in Netherfield erscheint Wickham nicht. Elizabeth ist enttäuscht. Gegenüber Darcy verhält sie sich wie immer spöttisch und reserviert. Wenig später macht Wickham einer vermögenden Frau einen Antrag. Elizabeth reagiert auf diese Nachricht gelassen und erkennt, dass sie nicht wirklich verliebt ist. Sie fühlt sich Wickham jedoch weiterhin freundschaftlich verbunden und hat eine wirklich hohe Meinung von ihm.
Bingleys Abreise und Darcys Antrag
Bingley reist nach London ab, ohne sich von den Bennets zu verabschieden. Jane ist voller Kummer und glaubt, sie habe sich seine Liebe nur eingebildet. Elizabeth dagegen ist überzeugt, dass Darcy seinen Freund aus Standesdünkel zur Abreise gedrängt habe.
Während eines mehrwöchigen Besuchs bei ihrer frischvermählten Freundin Charlotte ist Elizabeth auch häufig bei Collins‘ Gönnerin zu Gast. Auf dem Landsitz der selbstherrlichen Lady Catherine begegnet sie deren Neffen Darcy erneut. Noch immer verkennt Elizabeth seine Gefühle für sie. Doch seine Liebe ist stärker als die Vorbehalte gegenüber Elizabeths Familie, und er macht er ihr einen Heiratsantrag. Elizabeth ist überrascht und weist ihn zurück: Er habe das Glück ihrer Schwester Jane zerstört und sich außerdem gegenüber Mr. Wickham schändlich benommen. Am anderen Tag überbringt Darcy Elizabeth einen langen Brief, in dem er ihren Vorwürfen begegnet und sein Verhalten erklärt.
Verfilmungen von »Stolz und Vorurteil«
Der wohl populärste Roman von Jane Austen wurde nicht ohne Grund gleich mehrfach für Kino und Fernsehen verarbeitet: Neben einer überzeugenden Geschichte mit eindrücklichen Charakteren bietet er visuell reizvolle Handlungsorte wie Herrenhäuser und Landschaftsgärten. Dazu liefert die Vorlage eine Fülle kunstvoller Dialoge.
Zu den bekanntesten Verfilmungen des Klassikers gehören der BBC-Sechsteiler von 1995 (Hauptrollen: Jennifer Ehle und Colin Firth, Regie: Simon Langton) und der Kinofilm von 2005 (Hauptrollen: Keira Kneightly und Matthew Macfadyen, Regie: Joe Wright). Gedreht wurde dieser Film u. a. in Stourhead Garden, einem berühmten Landschaftspark im Südwesten Englands, der als Garten von Darcys Anwesen Pemberley diente.
Darcys Brief
Darcy schreibt, er habe bei Jane keine Anzeichen von Liebe beobachten können. Allein aus Sorge um Bingley habe er seinem Freund daher zur Abreise geraten. Was Wickham betrifft, erklärt er, dieser habe die Pfarrstelle damals von sich aus abgelehnt und zum Ausgleich einen hohen Geldbetrag gefordert. Als der verschleudert war, habe er nachträglich Anspruch auf die Pfarrei erhoben. Darcys 15-jährige Schwester Georgiana sei von Wickham entführt worden. Er habe sie wegen ihres großen Erbes zur Heirat überreden wollen.
Nur um seine Schwester zu schützen, hatte Darcy bisher darüber geschwiegen.
Auskünfte des vertrauenswürdigen Colonel Fitzwilliam überzeugen Elizabeth von der Wahrheit seiner Worte. Beschämt über ihre Fehleinschätzungen, verbringt sie die folgenden Wochen innerlich zerrissen und unglücklich. Zugleich sorgt sie sich um Jane, die noch immer mit ihrem Liebeskummer kämpft. Elizabeth ist froh, als sie mit Mr. und Mrs. Gardiner, ihrer Tante und ihrem Onkel, verreisen kann.
Darcy als Wohltäter
Auf der Reise nach Derbyshire besichtigen die drei auch Darcys Besitz Pemberley. Sie glauben, der Hausherr sei abwesend. Eine Haushälterin führt sie durch das weithin berühmte, riesige Anwesen. Dabei spricht sie mit liebevollem Respekt von Darcy, seiner Großzügigkeit und Güte. Elizabeth ist tief beeindruckt. Im Park begegnen die Besucher unerwartet dem Hausherrn. Darcy und Elizabeth sind verwirrt und verlegen. Darcy rettet die peinliche Situation und lädt sie ein, seine Gäste zu sein. Elizabeth hat ihn nie zuvor so liebenswürdig erlebt.
Als sie die Nachricht erhält, dass ihre Schwester Lydia mit Wickham durchgebrannt sei, reist sie ab. Der Ruf der Familie und damit die Heiratschancen aller Schwestern stehen auf dem Spiel. Ohne Elizabeths Wissen bietet Darcy Wickham Geld, falls er Lydia heirate. Sein Plan geht auf. Die naive Mrs. Bennet ist stolz auf die vermeintlich gute Partie ihrer jüngsten Tochter mit dem angehenden Offizier. Entgegen Darcys Absicht erfährt Elizabeth durch Zufall, dass die Heirat ihm zu verdanken ist.
Weil Darcy nun von Janes Liebe zu Bingley weiß, ermuntert er seinen Freund, Jane einen Heiratsantrag zu machen – auch dies, ohne es Elizabeth wissen zu lassen. Überglücklich nimmt Jane Bingleys Antrag an.
»Stolz und Vorurteil« und »Bridget Jones«
Die erfolgreichen »Bridget Jones«-Romane sind nach eigener Aussage ihrer Autorin Helen Fielding von »Stolz und Vorurteil« inspiriert. Einer der beiden männlichen Protagonisten, Rechtsanwalt Mark Darcy, trägt seinen Namen nicht von ungefähr und erinnert in vielen Zügen an Mr. Darcy. Im Kinofilm »Bridget Jones – Schokolade zum Frühstück« (2001) wurde daher die Figur des Mark Darcy mit Colin Firth besetzt. Dieser hatte sechs Jahre zuvor in dem TV-Mehrteiler »Stolz und Vorurteil« die Person des Mr. Darcy verkörpert.
Happy End mit zwei Hochzeiten
Elizabeth ist inzwischen klargeworden, dass sie Darcy liebt. Sie sieht jedoch keine Möglichkeit, sich ihm je wieder zu nähern. Eines Abends erscheint Lady Catherine auf Longbourn und fordert sie herrisch auf, Darcy für immer zu entsagen. Elizabeth schließt daraus, dass Darcy sie nach wie vor liebt. Vor Lady Catherine verteidigt sie selbstbewusst den Anspruch jedes Menschen auf individuelles Glück, ohne jedoch ihre Gefühle für Darcy auszusprechen.
Lady Catherine erzählt ihrem Neffen empört von Elizabeths rebellischer Antwort. Diesmal ist es Darcy, der daraus auf Elizabeths Liebe schließt. Er findet den Mut, noch einmal nach Longbourn zu gehen. Hier gestehen er und Elizabeth sich ihre Gefühle. Wenig später findet ihre Hochzeit statt. Auch Jane und Bingley heiraten.
Im letzten Abschnitt des Romans wird geschildert, wie sich die Beziehungen zwischen den Familien später gestalten. Dabei wird deutlich, dass niemand sich grundsätzlich in seinen charakteristischen Wesenszügen ändert.
Jane Austens Werk ist ein klassisches Beispiel für das Genre Roman. Mehr als 200 Jahre nach seinem Erscheinen hat es zudem nichts von seinem Charme eingebüßt. Elizabeth ist gewitzt und lebensklug und die geistreichen Dialoge sind mitunter überraschend modern und tragen zum Lesevergnügen bei.
Zusammenfassung von Susanne. © Inhaltsangabe.de.
Veröffentlicht am 20. Januar 2017. Zuletzt aktualisiert am 27. September 2022.